Da ist nichts mehr im Dunkeln, 2016
Installation im Studioraum 45 cbm der Staatlichen Kunsthalle Baden-Baden
Evelyn Möcking untersucht in ihrer künstlerischen Praxis die Ästhetik des Todes. Dabei nutzt sie organische Komponenten, die auf ihre Weise den Tod ebenso wie das Leben sichtbar machen. Mit ihren bildhauerischen Arbeiten agiert die Künstlerin konfrontativ und erzeugt vor allem durch die Präsentation präparierter körperlicher Fragmente eine materialbasierte Ambivalenz, die den Betrachter zwischen sakral
anmutender Aura und apartem Ekel schwelgen lässt. Die von Geometrie geprägte Grundstimmung der einzelnen Objekte in der Ausstellung 'Da Ist nichts mehr im Dunkeln' stellt zu großen Teilen einen Kontrast zu deren organischer Oberflächenästhetik dar. So zeigt die Arbeit Zirkulat eine Kugel, deren Äußeres eine nahezu topografische, reliefkartenähnliche Struktur aufweist. Zartrosa bis golden schimmert die Kugel und verwandelt sich in mancher Vorstellung gar in einen Himmelskörper, noch unbewusst der Tatsache, dass es sich hierbei um zwei deformierte,haltbar gemachte Suppenhühner handelt. Erst bei näherer Betrachtung trifft man auf Poren, Feder- und Schwanzansätze,
die jene Tiere vermuten lassen.
Die Arbeit Zirkulat ist eingebettet in das räumliche Netz eines geometrischen Körpers, dessen Titel in Anlehnung an den platonischen Körper Oktaeder lautet. Auffällig spitz gehalten und von der
Künstlerin bewusst asymmetrisch konstruiert, bestehen dessen Kanten aus goldfarbenem Messing. Das Wissen darüber, dass viele in der Natur vorkommenden anorganischen Stoffe, wie etwa Minerale, in
oktaedrischer Form auskristallisieren, erhöht zwar den Kontrast zu Zirkulat, indem jedoch Anorganisches Organischem gegenübergesetzt wird, ist vielmehr eine Verknüpfung erkennbar: Das Naturnahe der
Haut tritt gegen die geometrische Form des Oktaeders an.
An den drei Wänden des Raumes ist – wieder asymmetrisch positioniert – ein Triptychon mit dem Titel Puls III zu sehen, das mit abstrakt gehaltenen Farbverläufen bedeckt ist, die organisch
anmuten und an starke dunkle Farbpigmente oder Öl erinnern lassen. Es handelt sich hierbei um Blutmehl, bestehend aus getrocknetem, gemahlenem Blut von Schlachtabfällen. In seiner visuell
erfassbaren Rohheit ohne jeglichen Körperbezug wird es von der Künstlerin flächig auf den Bildträgern aufgetragen und verharrt in der Bewegung. Blut ist Träger von Lebens- als auch Todeskraft.
Hier wird der Gedanke des Blutvergießens in eine ästhetische Form gebracht, die die Ambivalenz hervorzubringen scheint, die bereits in Zirkulat deutlich wird.
Der zentrale Vanitasgedanke der Barockzeit ist in den Arbeiten der Künstlerin allgegenwärtig: Wie vergänglich ist all unser Körperliches? Was passiert nach dem Tod? So klar die Grenze zwischen Leben und Tod auch scheinen mag, bei der Betrachtung der Arbeiten von
Evelyn Möcking stellt sich doch eher ein befremdliches Gefühl der Unsicherheit ein.
Text: Romina Farkas
Ausstellungsansicht: Staatliche Kunsthalle Baden-Baden
Fotos: Michael Dalski, Evelyn Möcking